Beim Interpretieren eines Märchens ist es wichtig, die Ausgangslage zu betrachten und sich zu fragen: Wer fehlt, um die Familie vollständig zu machen? Im Allgemeinen taucht die Gestalt, die anfangs nicht da ist, später in irgendeiner Form auf. Etwas geschieht im Verlauf der Geschichte und das, was unvollständig war, komplettiert sich. Am Anfang herrscht eine unbefriedigende Situation und das Märchen erzählt uns, wie die Vervollständigung zustandekommt. Die Situation, dass eine Königsfigur eine Tochter hat, wu?rde bei einem persönlichen Fall Anlass zu der Vermutung geben, dass wir es mit einem Vaterkomplex zu tun haben. Generell entwickelt sich der Animus aus dem Vater heraus. Zudem gibt es keine Mutter. In einer persönlichen Situation ist es in einem solchen Fall im Allgemeinen richtig zu sagen, dass wahrscheinlich eine Schwäche und Unsicherheit auf der weiblichen Seite existiert, die die Frau der Gefahr der Animus-Besessenheit aussetzt. Allerdings erzählt das Märchen keine persönliche Fallgeschichte. Die männliche Person ist nicht einfach der Vater; vielmehr wird ausdru?cklich gesagt, dass es sich um einen König handelt.
In Märchen ist dargestellt, was geschieht, wenn die Archetypen unter sich sind, das heisst, diese volkstu?mlichen Erzählungen bilden Prozesse im kollektiven Unbewussten ab, die viel grundlegender sind als bei einem persönlichen Material, das auf jenen Prozessen basiert (S. 9-10).